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Gehirn

Wie sich aufgeschobene Handlungen auf unser Gehirn auswirken

Wie sich aufgeschobene Handlungen auf unser Gehirn auswirken
Autor
Veröffentlich am
19. Mai 2020

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Wir alle haben es schon getan und tun es immer wieder. Sei es der Hausputz, der Wocheneinkauf oder eine unangenehme E-Mail an einen Kollegen - wir schieben unliebsame oder schwierige Aufgaben gerne vor uns her. So lange, bis wir sie nicht weiter aufschieben können. Und ist die Aufgabe dann endlich erledigt, macht sich ein befreiendes Gefühl in uns breit. Denn wir konnten immerhin mal wieder etwas von unserer To-Do-Liste streichen. Fertig! Oder doch nicht? Scheinbar beschäftigen solche aufgeschobenen Handlungsabsichten unser Gehirn länger als man denkt - sogar dann noch, wenn wir die Aufgabe längst erledigt haben. Warum das so ist? Das haben Forscher der Technischen Universität Dresden in einer umfangreichen Studie untersucht.

Die innere To-Do-Liste im Gehirn

Das Team rund um Dr. Marcus Möschl von der Professur für Allgemeine Psychologie der TU Dresden analysierte systematisch zahlreiche Forschungsarbeiten aus den vergangenen 20 Jahren, die sich mit der Absichtsdeaktivierung und den Nachwirkungen erledigter Absichten beschäftigten. Dabei stellte sich heraus, dass Aufgaben, die wir lange vor uns herschieben, selbst nach ihrer Erfüllung in unserem Gehirn nachwirken können.

In der Regel löscht unser Gehirn diese von unserer neuronalen To-Do-Liste und macht Platz für neue Absichten, so Möschl. Oft klappt das auch, jedoch nicht immer. Dann wirken diese Absichten nach und beeinträchtigen uns bei der Umsetzung von neuen Handlungen. Beispielsweise sind wir dann abgelenkt oder wollen die Handlung erneut ausführen.

Erledigt, aber nicht deaktiviert

Stell' dir vor, du nimmst dir am Morgen vor, in deiner Mittagspause einen wichtigen Brief einzuwerfen. Du erledigst das zwar, doch selbst am Nachmittag denkst du bei jedem Brief, den du siehst, daran, dass du einen Brief einwerfen wolltest - obwohl du das längst getan hast. Was in diesem Fall nicht sonderlich dramatisch klingt, kann in anderen Situationen zum Problem werden.

Das kann zum Beispiel passieren, wenn Handlungen bis zu einem bestimmten Ereignis oder Reiz aufgeschoben werden - wie das Einnehmen von Medikamenten. Viele ältere oder kranke Menschen, die häufig Medikamente nehmen müssen, verschieben die Einnahme, bis ein bestimmtes Signal (wie ein Kalenderalarm) erscheint. Begegnen die Menschen nach der Einnahme diesem Reiz erneut, ist es möglich, dass dadurch die Handlungsabsicht erneut abgerufen und die Medikamente im schlimmsten Fall noch einmal eingenommen werden.

Diesen Effekt konnte das Forschungsteam in Laborversuchen nachweisen - allerdings unter kontrollierten Bedingungen und ohne andere Einflüsse. Dennoch sind derartige Fälle eher selten, sagt Dr. Möschl. "Handlungsabsichten werden tatsächlich oft deaktiviert, sobald sie erledigt wurden."

Viele Fragen noch offen

Die Wissenschaftler konnten zwar nachweisen, dass sich unser Gehirn manche Absichten länger merkt als nötig, der genaue Grund dafür ist aber noch unklar. So stellt sich Dr. Möschl die Frage, was der konkrete Vorteil davon ist, dass wir uns auf diese Art und Weise entwickelt haben. Ist es möglich, dass solche Nachwirkungen von Handlungsabsichten in irgendeiner Form auch nützlich sind? Können wir sie eventuell sogar für das Erlernen von neuen Routinen nutzen? Diese Fragen will der Psychologe Dr. Möschl in weiteren Studien erforschen.



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